Das Einsichtnahmerecht eines Wohnungseigentümers gegenüber dem Verwalter

Besteht für Wohnungseigentümer das Recht, in Verwaltungsunterlagen Einsicht zu nehmen? Ist es für einen Eigentümer möglich, sich hierbei vertreten zu lassen?

I. Einführung in die Problematik

Innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft obliegt es dem Verwalter, sämtliche Beschlüsse, Verträge und andere Dokumente aufzubewahren. Dem Verwalter kommt in der Gemeinschaft eine zentrale Stellung zu (näheres dazu unten). So ist es in der Regel nachvollziehbar, dass Eigentümer den Verwalter kontrollieren möchten. Möglich ist dies durch Einsicht in die Verwaltungsunterlagen. Die Verwaltung ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in den §§ 20 ff. WEG geregelt. Durch den Verwaltervertrag wird der Verwalter faktisch Organ der Eigentümerschaft. Die Wohnungseigentümerschaft vertraut ihm die finanziellen Mittel der Gemeinschaft an. Eine Kontrolle ergibt sich oftmals direkt aus dem Verwaltervertrag. In vielen Fällen gibt es eine Klausel, die dem Eigentümer eine Einsichtnahme erlaubt. Aber auch ohne Klausel erwächst ein solches Recht für den Eigentümer. Ansatzpunkt für dieses Recht sind (1) Der Verwaltervertrag und (2) Ein Einsichtsrecht, dass aus der Rechnungslegungspflicht entsteht, jedoch weiter geht. Eine Rechnungslegungspflicht ergibt sich aus dem § 28 Abs. III WEG i.V.m. den §§ 259 BGB ff., die die Rechnungslegungspflicht ausgestalten. Dies folgt daher, dass das WEG keine spezielleren Vorschriften hierzu kennt und somit auf die allgemeinen Regeln zurückgegriffen wird. Strittig ist indes jedoch lediglich, ob eine solche Pflicht aus der Rechnungslegungspflicht resultiert oder ob eine analoge Anwendung des § 24 Abs. VI, S. 3, Abs. VII, S. 8 WEG greift. Bei der Pflicht zur Rechnungslegung handelt es sich lediglich um Nebenpflichten. Die primären Aufgaben des Verwalters stellen hingegen Hauptpflichten dar. Der § 24 WEG regelt die Einsichtsrechte eines Eigentümers in die Beschlussfassungen. Im Ergebnis kann nur die analoge Anwendung überzeugen. Dies hat folgende Gründe: (1) Das Auskunftsrecht soll für einen Eigentümer auch dann noch möglich sein, wenn der Verwalter und der Beirat durch Beschlussfassung über die Jahresabrechnung entlastet sind. Wäre das Recht nun lediglich aus einer Nebenpflicht erwachsen, so würden Nebenpflichten weiterhin fortbestehen, obwohl die Hauptflicht längst erfüllt ist. Dies erscheint unter Betrachtung der allgemeinen Regelung und Bedeutung von Haupt- und Nebenpflichten nicht überzeugend. Nebenpflichten entstehen als untergeordnete Rechte bereits vor Entstehung einer Hauptpflicht und können unter Umständen auch noch darüber hinaus bestehen. Durch die Entlastung ist die Hauptpflicht nicht mehr bestehend. (2) Die analoge Anwendung systematisch gesehen ist überzeugender. Hierbei besteht eine Einsichtnahme in die Beschlüsse auch nach Beschlussfassung. Analog also auch das Einsichtnahmerecht in die Verwaltungsunterlagen auch nach einer Entlastung.

Richtiger Ansicht nach ergibt sich das Recht zur Einsichtnahme aus dem wirksamen Verwaltervertrag und der analogen Anwendung des § 24 Abs. VI, S. 3, Abs. VII, S. 8 WEG.
Um sein Recht auf Einsicht gegenüber dem Verwalter geltend zu machen, bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen. Eine Darlegungspflicht bezüglich eines berechtigten Interesses besteht nicht. Zu beachten ist allerdings, dass das Einsichtnahmerecht nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden darf. Ferner stellt das Schikaneverbot aus § 226 BGB eine Schranke dar. Dies muss jedoch anhand geeigneter Tatsachen festgestellt werden. Zu beachten ist allerdings, dass ein Eigentümer, der von seinem Einsichtsrecht häufig Gebrauch macht, nicht gleich den Zweck der Schikane verfolgt. Eine Einschränkung in Bezug auf die Anzahl der Einsichten gibt es nicht. Ferner kann die mehrfache Einsicht begründet sein, ohne dass der Eigentümer verpflichtet ist diese darzulegen und zu beweisen.

Mithin besteht allgemein ein Einsichtsrecht.

II. Einsichtsrecht eines Sondereigentümers gegenüber dem Verwalter und mögliche Einschränkungen durch Beschluss

Der Vertrag des Verwalters besteht in einer Wohnungseigentümerschaft unstreitig in einem synallagmatischen Verhältnis zwischen dem Verwalter und der Gemeinschaft als solcher. Dies stellt mithin keinen Grund für einen einzelnen Eigentümer dar, von seinem Recht auf Einsicht Gebrauch zu machen. Ist es nun für die Gemeinschaft möglich durch Beschluss das Einsichtsrecht eines Sondereigentümers (das Eigentum, welches nicht im Gemeinschaftseigentum steht) einzuschränken? Dies ist wohl nach herrschender Ansicht zu verneinen. Solch lautende Beschlüsse sind höchstwahrscheinlich nichtig. Sollte eine Nichtigkeit nicht vorliegen, so sind sie zumindest nach Anfechtung für nichtig zu erklären. Allerdings würde hier der Beschluss Bestandskraft erlangen, wenn er nicht angefochten wird. Dieser Umstand spricht indes für eine Nichtigkeit, da es ansonsten für einen Eigentümer unbillig wäre.

Scheidet ein Eigentümer aus der Wohnungseigentümerschaft aus, so erlischt sein Recht zur Einsicht nicht. Jedoch gebietet es der Grundsatz der persönlichen Gemeinschaft, dass er Gründe darlegt, warum er in Unterlagen Einsicht nehmen möchte, die nun für ihn fremd sind. Das Verhältnis zwischen den Eigentümern und damit gegenüber Dritten ist vergleichbar mit dem Verhältnis zwischen Gesellschaftern.

III. Das Recht von Dritten zur Einsicht

Fraglich ist nunmehr, ob auch Dritte das Recht haben in Unterlagen der Gemeinschaft Einsicht zu nehmen. Für Personen, die für die Wohnungseigentümergemeinschaft fremd und damit Dritte sind, ergibt sich kein eigenes Einsichtsrecht. Eine solche Rechtsposition ist nicht ersichtlich. Vielmehr widersprechen das oben genannte private Vertrauensverhältnis sowie fehlende Vorschriften einem eigenen Recht zur Einsicht Dritter. Fassen die Eigentümer nun auf einer Versammlung einen Beschluss, der gegenüber dem Verwalter die generelle Anweisung gibt, Dritten Einsicht zu gewähren, verstößt dieses gegen eine ordnungsgemäße Verwaltung.

Es bleibt festzuhalten, dass ein Einsichtsrecht eines Dritten so nicht besteht.

IV. Möglichkeit des Eigentümers sich hinsichtlich der Einsicht vertreten zu lassen
Für einen Eigentümer mag es nachvollziehbar sein, sich bei der Einsicht vertreten zu lassen. Eine Vertretung ist im Zivilrecht grundsätzlich dann ausgeschlossen, wenn höchstpersönliche Rechte berührt sind, so zum Beispiel die Eheschließung, die Testamentserstellung und dergleichen. Bei der Einsichtnahme handelt es sich um kein solches höchstpersönliches Recht. Mithin ist eine Vertretung durch Dritte möglich. Wie weit hierbei eine Vollmacht erteilt wird, hängt von dem Willen des Eigentümers ab. Der Vertreter hat bei einer uneingeschränkten Vollmacht grundsätzlich diejenigen Rechte, die auch dem Inhaber der Rechte zustehen. Mithin kann er dieselbe Einsicht verlangen und den gleichen Einsichtsumfang ausüben wie ein Wohnungseigentümer.

Fraglich kann es sein, ob eine uneingeschränkte Vollmacht gegenüber einem Mieter gegen das Treue-Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander verstößt. Zumal es für den Mieter kein Bedürfnis gibt, in alle Unterlagen der WEG Einsicht zu nehmen. In der Praxis sollte die Vollmacht wohl auf den für den Mieter relevanten Teil beschränkt werden. Ist dennoch eine (uneingeschränkte) Vollmacht gegenüber dem Mieter oder einem reinen Vertreter erteilt, so kann der Verwalter das Gesuchen des Mieters nicht mit dem Hinweis abwehren, dass die inneren Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft Außenstehende nichts angehen.

Mithin ist es möglich, sich vertreten zu lassen und über den Umfang der Vertretungsmacht zu befinden.

V. Ausschluss der Vertretung

Innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist es jedoch grundsätzlich möglich innerhalb der Gemeinschaftsordnung eine Vertretung zu verbieten. Dies schränkt den einzelnen Eigentümer auch nicht deshalb zu sehr ein, weil es bei einem solch nahen Vertrauensverhältnis wie bei den Eigentümern untereinander gerecht erscheint, keine Vertretung aus eben diesem Vertrauensverhältnis heraus zuzulassen. Ein solches Vertretungs- und Beratungsverbot besteht oftmals im Hinblick auf Eigentümerversammlung, wo sie dann auch Geltung entfalten. Sollte eine solche Klausel hinsichtlich Versammlungen bestehen, wirkt sich diese nicht auf das Recht zur Vertretung zur Einsicht aus. Enthält die Gemeinschaftsordnung jedoch ein explizites Verbot sich bei der Einsichtnahme vertreten zu lassen, so ist eine Vertretung ausgeschlossen.

VI. Folgen für Eigentümer

Für Eigentümer stellt sich die Situation mithin so dar: eine Vertretung ist möglich. Da das WE-Recht eine Vielzahl von Fällen und teilweise unüberschaubaren rechtlichen Aspekten beinhaltet, sollten Wohnungseigentümer und Verwalter vor grundlegenden Beschlüssen und Handlungen diese von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen. Verwalter können einen Bevollmächtigten nicht einfach so von der Einsichtnahme abhalten. Um rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Wohnungseigentümergemeinschaften intern besprechen, wie und in welchem Umfang sie Vollmacht an Mieter übertragen. Innerhalb des WE-Rechts ist die hier vorgestellte Vertretung bei Einsicht in Verwaltungsunterlagen den einfacheren Bereichen zuzuordnen. Das WEG an sich bietet jedoch eine Vielzahl von Tücken. Einzelne Wohnungseigentümer, Verwalter und Wohnungseigentümergemeinschaften sollten in jedem Fall frühzeitig bei Fragen, Beschlüssen, die einschränken, einen Rechtsanwalt kontaktieren.

Sind Sie sich unsicher, ob ein gefasster Beschluss rechtlich einwandfrei ist? Dann wenden Sie sich schnellstmöglich an einen Rechtsanwalt, um eine Beschlussanfechtungsklage nicht verfristen zu lassen.

In Problemen und Fragestellungen berät Sie RA Dr. Papsch zielführend und prägnant (außer)- gerichtlich. Damit Sie zu Ihrem Recht kommen.

(In Anlehnung an NJW Spezial 10/2013)