Duldungspflicht des Vermieters zur Anbringung einer Sattelitenschüssel für ausländische Mieter?

Reicht es für einen Vermieter aus, wenn er Mietern einen Kabelanschluss zur Verfügung stellt, um deren Grundrechtsanspruch auf Rundfunkempfang gerecht zu werden? Müssen Vermieter es unter Umständen hinnehmen, dass Mieter Sattelitenschüsseln anbringen um heimische Sender zu empfangen?

Grundsätzlich erfüllen Vermieter ihre Pflicht den Grundrechtsanspruch des Mieters auf Rundfunkempfang zu erfüllen, wenn sie einen Kabelanschluss bereitstellen. In besonderen Fällen kann dies an sich jedoch nicht ausreichend sein. Eine Duldungspflicht des Vermieters auf Anbringung einer Parabolantenne durch den Mieter kann bestehen.

Im vorliegenden Fall waren die Mieter ursprünglich turkmenischer Herkunft. Ihre Vorfahren siedelten vor ungefähr 100 Jahren in die Türkei über. Die Mieter installierten ohne vorherige Genehmigung des Vermieters eine Parabolantenne, um turkmenische Sender zu empfangen. In der Wohnung war jedoch ein Kabelanschluss vorhanden. Der Vermieter verlangt den Abbau der Antenne. Nach einer durchgeführten Sanierung der Außenwand, zu der die Antenne abgenommen werden musste, damit die Arbeiten durchgeführt werden konnten, klagt der Vermieter nun auf Unterlassung der erneuten Anbringung durch die Mieter.

Das in diesem Fall zuständige Amtsgericht gibt der Klage statt. Das Berufungsgericht teilt in einem Beschluss gemäß § 522 ZPO darauf hin, dass das Rechtsmittel unbegründet ist. Gegen diese einschränkenden Urteile wenden sich nunmehr die Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit einer Verfassungsbeschwerde.

Das BVerfG erkennt an, dass die Beschwerdeführer durch die beiden Urteile in ihrem Grundrecht aus Art. 5 GG verletzt wurden.

Grundsätzlich hat jeder ein Recht darauf, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren und zu bilden. Dies garantiert das Grundrecht aus Art. 5 Absatz I, Satz 1, 2. Halbsatz GG (Informationsfreiheit). Hierdurch wird unter anderem eine individuelle Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet und das demokratische Prinzip gestärkt. Es ist zu beachten, dass keine Einschränkung der Informationen stattfindet, d.h. dass Informationen sowohl von inländischen als auch von ausländischen Quellen kommen können.

In Fällen, in denen der Empfang von Informationen nur mit technischen Mitteln möglich ist, erstreckt sich der Schutzbereich des Grundrechts auch auf diese Mittel und die Anbringung sowie den Betrieb.

Hierbei ist jedoch eine Abwägung zwischen den in Betracht kommenden Grundrechten vorzunehmen, damit es zu einem schonenden Ausgleich kommt. Vorliegend steht sich das Grundrecht des Vermieters (der zugleich Gebäudeeigentümer ist) aus Art. 14 Abs. I, S.1 GG (Eigentum) mit dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 I 1 GG gegenüber. Grundsätzlich kommt der Vermieter diesem Anspruch des Mieters in aller Regel nach, wenn er einen Kabelanschluss zur Verfügung stellt.

Eine Ausnahme besteht jedoch immer dann, wenn der Mieter ein besonderes Informationsinteresse hat, welches er auch darlegen muss (s.u.). Besteht ein solches besonderes Interesse, kann ein einfacher Kabelanschluss nicht ausreichen. Gerade bei in Deutschland lebenden Ausländern besteht ein Interesse daran, Informationen aus ihrem Kulturkreis sowie aus ihrem Heimatland zu empfangen. Dieses Interesse sich an aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen zu informieren, ist von dem Grundrecht gedeckt und absolut legitim.

Bevor es zu einer Anbringung einer Antenne ohne Genehmigung kommt, sollte geprüft werden, ob die Möglichkeit besteht, weitere Sender für den Kabelanschluss hinzuzukaufen. Dies gilt solange dies finanziell für den Mieter zumutbar ist. Denn das Hinzukaufen von Sendern ist zweifelsfrei der geringere Eingriff in das Grundrecht des Vermieters (Eigentum). So kommt es weder zu einer baulichen Veränderung noch zu einer Substanzbeeinträchtigung.

Ist es jedoch nicht zumutbar (finanziell) oder generell nicht möglich, durch Hinzukaufen von weiteren Sendern das Informationsverlangen zu befriedigen, so muss dem Mieter gestattet sein, für sein Interesse eine eigene Empfangsmöglichkeit zu schaffen (Antenne, Sattelitenschüssel oder dergleichen). Bei der Beurteilung, ob Sender vorhanden sind, ist besonders auf die Sprache zu achten. Im vorliegenden Fall hat es sowohl das AG als auch das Berufungsgericht unterlassen festzustellen, dass die turkmenische Sprache kein türkischer Dialekt ist. Mithin können türkische Sender zur Befriedigung des Informationsverlangens nicht genügen.

Ferner ist von Bedeutung, ob nach einer so langen zurückliegenden Auswanderung der turkmenische Kulturkreis noch von Interesse / Bedeutung ist und ob die Sprache noch problemlos verstanden und gesprochen wird. Besteht keine starke Bindung mit dem Kulturkreis, ist kein besonderes Informationsinteresse erkennbar. Mithin liegt kein Empfangsbedürfnis von solchen Sendern vor.

Ist die Montage einer Parabolantenne / Antenne oder Ähnlichem unausweichlich, so muss vorher beachtet werden, wo diese Antenne angebracht wird. Der Vermieter darf verlangen, dass die Anbringung einer solchen Anlage eine geringstmögliche optische Beeinträchtigung darstellt. Ferner muss beachtet werden, dass Eingriffe in die Bausubstanz so schonend wie möglich vorzunehmen sind. Dies beinhaltet auch die Verlegung von Kabeln. Hierunter kann auch die Pflicht zum Verputzen bestehen, die dann dem Mieter obliegt.

Abschließend lässt sich die Abwägung auf eine allgemeine Formel bringen. Hat der Vermieter / Eigentümer die Installation einer solchen technischen Anlage hinzunehmen, so hat er ebenfalls einen Anspruch auf eine möglichst schonende Durchführung der baulichen Maßnahmen.

Hierbei bedarf es wiederum einer Abwägung im Hinblick auf die vom Mieter zu tragenden Kosten. Das Recht des Mieters, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren, darf nicht in einem zu hohen finanziellen Aufwand untergehen oder dadurch unmöglich gemacht werden.

(BVerfG, Beschl. v. 31.3.2013 – 1 BvR 1314/11)

Das Mietrecht beinhaltet eine Vielzahl von Fragestellungen. Dieser Fall zeigt, dass Probleme rund um Betriebskostenabrechnungen, Abschlagszahlungen und Mietminderung nicht die einzigen komplexen Probleme sein können. Gerade wenn es sich um einen baulichen Eingriff handelt, sind beide Seiten oft auf einem entgegengesetzten Standpunkt. In solchen Fällen bedarf es eines gut geplanten Vorgehens, damit Sie zu Ihrem Recht kommen, aber auch damit das Verhältnis zu Ihrem (Ver)- Mieter nicht zerstört wird.

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