Vorvertragliche Aufklärungspflichten eines Mieters von Gewerberäumen

Oberlandesgericht (OLG) Dresden – Beschluss vom 27.07.2012
Az.: 5 U 68/12

Das OLG Dresden hat entschieden, dass dem Vermieter ein Recht zur fristlosen außerordentlichen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB zusteht, wenn der Mieter zumindest fahrlässig eine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hat. Der Mieter von Gewerberäumen ist verpflichtet offenzulegen, dass er eventuell nur Textilien einer Marke in seinem Geschäft vertreiben will, wenn der Vermieter vor Vertragsschluss geäußert hat, dass er Bedenken gegen diese Marke habe.

Die Klägerin und die Beklagte schlossen Anfang Oktober einen Mietvertrag über eine Ladenfläche in einem Einkaufscenter. Die Beklagte wollte in den Geschäftsräumen Textilien verkaufen.
Vor Vertragsschluss kam es zu einem Telefonat zwischen dem Centermanager und einem Mitarbeiter der Beklagten. Dabei erklärte der Centermanager, dass die Geschäftsleitung der Klägerin Bedenken betreffend den Verkauf von Textilien der Marke „Thor Steinar“ habe. Die Beklagte sollte sich in einem Schreiben näher über den Verkauf erklären. In dem darauf folgenden Schreiben wird nicht erwähnt, dass in dem Geschäft möglicherweise nur diese eine Marke verkauft wird.
Am 29.10.2009 eröffnete die Beklagte das Geschäft und bot dort ausschließlich Textilien der Marke „Thor Steinar“ zum Verkauf an.
Mit Schreiben vom 18.12.2009 erklärte die Klägerin die außerordentliche Kündigung.

Diese Kündigung war nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten wirksam.
Grundsätzlich besteht bei Abschluss eines Mietvertrages keine Aufklärungspflicht, weil es den Vertragspartnern selbst obliegt, durch Beschaffung der notwendigen Informationen ihre Interessen zu wahren.
Nach dem OLG bestehe jedoch ausnahmsweise eine vorvertragliche Aufklärungspflicht hinsichtlich der Umstände in Bezug auf die Mietsache, die erkennbar von besonderer Bedeutung für den Vertragsabschluss sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erwartet werden kann.
Die Klägerin hat vor Vertragsschluss ihre Bedenken bezüglich der Marke „Thor Steinar“ geäußert. Sie hatte die Vorstellung, dass die Marke lediglich eine von vielen im Verkauf sei und somit eine untergeordnete Bedeutung habe. Hätte die Klägerin von der Möglichkeit gewusst, dass nur Textilien der Marke „Thor Steinar“ verkauft werden, hätte sie den Mietvertrag nicht abgeschlossen.